Dyskalkulie/Rechenschwäche
DefinitionMögliche Ursachen
Woran können Sie Lese - / Rechtschreibstörungen erkennen?
Therapie
Definition
Lorenz (1991) geht davon aus, dass ca. 6% der Grundschüler bei durchschnittlicher Intelligenz von der Dyskalkulie (RS, Rechenschwäche) betroffen sind. Es handelt sich hierbei um eine Beeinträchtigung des mathematischen Denkens und Handelns ,d.h. es mangelt den Kindern am Verständnis und der Beherrschung grundlegender mathematischer Fertigkeiten, Mengenerfassung sowie der Grundrechenarten. Die Kinder entwickeln eine "eigene Logik" um Aufgaben lösen zu können (z.B. 73-71=2, das Kind erklärt: "7-7=o und 3-1=2"). Zahlen und Zeichen werden nicht verstanden, es wird nicht erkannt, dass eine Zahl ganz verschiedene Bedeutungen haben kann, für eine bestimmte Mengenanzahl steht und sich an einer bestimmten Position in der Zahlenaufeinanderfolge befindet .Hierdurch entstehen systematisch Fehler mangels fehlender Verinnerlichung mathematischer Kenntnisse. In den anderen Fächern kann das Kind jedoch gute Leistungen erbringen. Dyskalkulie ist eine Teilleistungsschwäche, die Kinder beherrschen trotz vielen Übens den Lernstoff des arithmetischen Grundlagenbereiches nicht (Zahlbegriff, Dezimalsystem, Mächtigkeitsverständnis, Grundrechenarten). Textaufgaben sind ein "rotes Tuch" für die Kinder, kommt zusätzlich noch eine LRS - Problematik hinzu, löst mangelndes Leseverständnis zusätzlich Fehlrechnungen aus. Man unterscheidet zwischen Primär- und Sekundärsymptomen (letztere werden durch die Primärsymptome ausgelöst). Man kann nicht pauschal von "der Rechenschwäche" ausgehen, vielmehr ist sie bei jedem Kind in einer anderer Form ausgeprägt.Mögliche Ursachen
Zwei Ansätze als Denkmodell können hierbei hilfreich sein. Der eine ist der tiefenpsychologische und betrifft Rechenschwäche, die durch seelische Störungen verursacht wurde. Der andere ist ein neuropsychologischer. Er betrifft die Beeinträchtigung des mathematischen Denkens als Auswirkung neurologischer Störungen oder Entwicklungsverzögerungen. Rechnerische Leistung erfordert räumliches Vorstellen, komplexe Denkvorgänge und damit unterschiedliche neuropsychologische Funktionen.In welchem Bereich die Ursachen der Störung zu suchen sind, ist oft nicht klar festzustellen. Es wird aber ersichtlich, dass viele Einflüsse zusammenspielen. Z.B. kann eine frühe seelische Belastung sich ebenso störend auf die Entwicklung neuropsychologischer Funktionen auswirken, die dann als Wahrnehmungsstörung erscheint, wie eine Beeinträchtigung der neurologischen Organisation die durch eine körperlich bedingte Hirnleistungsschwäche entstehen kann. Auch ein Kind, das wenig Anregung von Seiten seiner Umgebung angeboten bekommt und auch wenig Gelegenheit hat sich diese Anregungen selber zu verschaffen, wird u. U. ebenfalls eine eingeschränkte neuropsychologische Entwicklung erfahren.
Dysfunktionen können in folgenden Bereichen auftreten:
- Verarbeitungsstörung im Bereich der visuellen und/oder taktil-kinästhetischen Wahrnehmung (z.B. visuelle Gliederungsschwäche), Sehstörungen, Bewegungsstörungen
- Entwicklungsrückstand bezüglich der räumlichen Wahrnehmungsverarbeitung, des Körper- schemas und der Lateralität
- Zähl- und Zahlbegriffsschwäche
- Mangelnde Einsicht in das dekadische Positionssystem
- Verknüpfungsschwäche
- Beeinträchtigung der Wahrnehmungs- und Mengenvorstellung, Gliederungsschwäche, z.B. das Kind kann gleiche Zahlen/Symbole nicht zu einer Gruppe zusammenfassen
- Rhythmusstörung
- Beeinträchtigung der räumlich/zeitlichen Übersetzung
- Schwächen in der Raumerfahrung
- Sprachverarbeitungsstörung
- Gedächtnisschwäche
- allgemeine Abstraktionsschwäche
- mangelndes Aufgabenverständnis
- Schwierigkeiten des Sprachverständnisses
- Schwäche der bildhaften Vorstellung (Eindrücke werden eher sprachlich verarbeitet, Bevorzugung der linken Gehirnhälfte)
- Graphomotorische Beeinträchtigung (das Kind schreibt beim schriftlichen Addieren die Zahlen nicht an die richtige Position, die Kästchen im Rechenheft sind zu klein)
- Emotionale Störfaktoren
- Häufiger Lehrerwechsel
- Die Kinder haben zu wenig Zeit, sich mit einem neuen Mathematikstoff auseinanderzusetzen
Woran können Sie Dyskalkulie/Rechenschwäche erkennen?
Primärsymptome
Krabbelphase- Das Kind hat wenig oder gar nicht gekrabbelt (Krabbeln ist wichtig für die Raumerfahrung)
- Die Kinder vermeiden Spiele, die das räumlich-visuelle Vorstellungsvermögen beanspruchen (z.B. Legospiele, Bauklötzebauen, Puzzles, Memory)
- Sie haben häufig Probleme in der räumlichen und zeitlichen Orientierung (sie finden den Weg schlecht, haben Angst zu spät zu kommen usw.)
- Vergleiche wie größer/kleiner, länger/kürzer fallen ihnen schwer
Schulalter
Beeinträchtigung des konkreten Handelns mit Gegenständen- Feimotorische Ungeschicklichkeit im Umgang mit Gegenständen
- Auffällige Stifthaltung; graphomotorische Schwierigkeiten
- Auffälligkeiten in der Orientierung in der näheren Umgebung, z. B. in vertrauten Gebäuden
- Das Kind kann seriale Abläufe ( Gegenstände gemäß eines quantitativen Merkmals in eine auf- oder absteigende Reihe ordnen) nicht erfassen oder darstellen
- Das Kind kann nicht abzählen, die Bewegungen des Hinzeigens und das Nennen des entsprechenden Zahlworts stimmen nicht überein
- Beim Zählen werden stets die Finger benutzt, d.h. die Kinder halten an bestimmten Veranschaulichungsmitteln fest
- Die Unfähigkeit, eine Eins-zu-Eins-Entsprechung zu erfassen, z.B. weiß das Kind nicht, wie viele Gabeln man für ein Essen von 4 Personen decken muss
- Kopfrechnen gelingt nur bedingt
- Geübtes wird wieder schnell vergessen
- Verlangsamtes Arbeitstempo
- Probleme im Bereich der Mengenerfassung oder der Operationen
- Das Kind kann sich bestimmte Zahlwörter schlecht merken
- Das Kind hat bei Mengen, Formen und Größen Schwierigkeiten im Erkennen von "mehr und weniger", "gleich und ungleich"
- Probleme im Umgang mit dem Stellenwert der "0"
- Offensichtliche Rechenfehler werden nicht erkannt
- Das Kind hat Schwierigkeiten, eine Reihenfolge von Schritten für Lösungen verschiedener mathematischer Aufgaben einzuhalten und zu behalten
- Die Grundregeln des Messens werden nicht verstanden, graphische Darstellungen können nicht gelesen werden
- Das Kind ist nicht in der Lage, Methoden und Regeln zur Lösung bestimmter Aufgaben auszuwählen
Beeinträchtigung der bildlichen Darstellung mit graphischen Zeichen
- Schwierigkeiten, eine Menge oder eine konkret vollzogene Handlung bildlich darzustellen
- Schwierigkeiten im Umgang mit Ziffern und mathematischen Zeichen
- Die Ziffern, ihre Lage und Richtung im Raum werden nicht erkannt (Verdrehungen, Vertauschungen)
- Die Gestalt von ähnlichen Ziffern und Zeichen wird unzureichend gespeichert
Beeinträchtigung bei der Automatisierung im Zeichenbereich und der Anwendung mathematischer Operationen
- Das Kind beherrscht rein rechnerisch schriftliche Aufgaben gut, hat aber Schwierigkeiten beim Kopfrechnen
- Abschreibfehler
- Das Kind versagt bei Aufgaben, bei denen die Ergebnisse von Teilschritten behalten werden müssen, z.B. beim Multiplizieren
- Verwechslung von Ziffern, z.B. 6 und 9 , 12 und 21 werden verwechselt
- Schwierigkeiten, erlernte Aufgabenformen auf andere Operationsformen zu übertragen
- Schwierigkeiten beim Lösen von Textaufgaben
Sekundäre Symptome
Psychosomatische Störungen und körperliche Funktionsstörungen
- Essstörung
- Einnässen
- Tics (Grimassieren)
- Allgemeine motorische Unruhe
- Sprechstörungen
- Sinnesschwächen (Hörschwäche, Fehlhörigkeit, Sehstörungen)
- Gleichgewichtsstörungen (Vermeiden von Klettergerüsten etc.)
Emotionale Störungen
- Autoaggression
- Angstzustände (Schulangst)
- Wechselnde Stimmungslage (Euphorie-Depression)
- Geringe Frustrationstoleranz
- Geringes Selbstwertgefühl
Soziale Störungen
- emotionale Bindungsschwäche
- Einzelgängertum
- Clownerie
- Schwindelei
- Kontaktarmut- übertriebene Kontaktsuche
Störungen im Tätigkeitsbereich- und Leistungsbereich
- Konzentrationsschwäche
- Unpünktlichkeit
- Extremer Ehrgeiz-Arbeitsunlust
Andere Ursachen
- Familiäre Krisen
- Schulsituation
Therapie
Das Konzept der ganzheitlichen Förderung wird auch hier angewandt. Zunächst erfolgen nach einer ausführlichen Anamnese diagnostische Testverfahren zur Ermittlung des Leistungsstandes. Hierbei ist nicht nur die quantitative sondern vor allem die qualitative Auswertung von Bedeutung. Die vom Kind verwendeten Lösungswege werden "unter die Lupe" genommen, analysiert und ein Profil der rechnerischen Vorgehensweise erstellt. Die Stärken und Schwächen des Kindes werden durch Eingangsdiagnostik, Verlaufs- und Abschlusskontrollen ermittelt. Das Training beinhaltet eine schrittweise Vorgehensweise, Inhalte, Methodik und Didaktik orientieren sich am jeweiligen Leistungsstand Ihres Kindes. Auch hier ist es wichtig, beim Training möglichst viele Sinneskanäle miteinzubeziehen. Die Dyskalkulietherapie verfolgt folgende Ziele:- Stärkung des Selbstbewusstseins
- Verbesserung der Lernmotivation
- Die Förderung wird individuell an den Leistungstand Ihres Kindes angepasst, um Über- oder Unterforderung zu vermeiden
- Konzentrationstraining
- Gedächtnistraining
- Wahrnehmungstraining
- Verbesserung der Graphomotorik wenn in diesem Bereich Defizite vorliegen
- Aufbau der Voraussetzungen für das Rechnen
- Vermittlung mathematischer Grundkenntnisse mit Hilfe von strukturierten Anschauungsmaterial, bildlicher und symbolischer Darstellung
- Schulung im Erfassen von Mengen
- Verbalisieren der Rechenwege
- gezieltes Textaufgabentraining, Kinder mit einer Rechenschwäche zeigen bei diesem Aufgabentypus folgende Schwierigkeiten:
- Ihr Kind ist unsicher, ob Plus, Minus, Geteilt und Mal bei welchem Problem eingesetzt werden soll
- Ihr Kind weist unzureichende Fertigkeiten beim Kopfrechnen bzw. schriftlichen Rechnen auf und zeigt von daher Rechenfehler bei Textaufgaben
- Impulsiver Arbeitsstil, denkt nicht lange genug über den Sachverhalt nach
- Beherrscht nicht ausreichend den Umgang mit Maßen (Längen, Gewichten, Zeiten)
- Analysieren der Fehlerschwerpunkte und der subjektiven Lösungsstrategie
- Elterncoaching - Tipps und Hilfen für die Arbeit zu Hause
© 2008 Martina Höhn-Kunkler Nutzungsbedingungen | Datenschutzhinweise | Impressum